Expeditions – ein eigenständiges Spiel und eben kein Scythe 2.0
„Expeditions“, von Stonemaier Games und als deutsche Version bei Feuerland erschienen, ist ein Enguine-Building-Spiel für 1 bis 4 Spieler von Jamey Stegmaier.
In Sibirien, in der Nähe des Tunguska-Flusses, ist ein gewaltiger Meteorit eingeschlagen. Eine Expeditionsgruppe wird geschickt, um mehr über die Auswirkungen auf das Land zu erfahren. Doch Berichte bleiben aus. Es gibt Gerüchte über einen seltsamen Parasitenbefall. So wird eine zweite Expedition losgeschickt, doch auch diese verschwindet spurlos.
Hier beginnt unsere Geschichte, denn die Helden von damals finanzieren ihre eigenen Expeditionen und hoffe, Artefakten zu finden und zu Ruhm zu gelangen…
Ein Blick in die Spieleschachtel
Das Spielmaterial ist absolut top. Ich habe lediglich einen (kleinen) Kritikpunkt. Dieser betrifft die Spielerboards. Hier tragt ihr auf der Leise links Stärke- und Listpunkte ab. Beide Marker bewegt ihr auf der Leiste und diese ist etwas klein und die Marker können leicht verrutschen. Hätte man hier Double-Layer-Boards und eine eigene Leiste für beide Attribute verwendet, wäre das das Tüpfelchen auf dem „i“ gewesen.
Ansonsten ist das Material erstklassig. Highlight sind die Mechs, die klasse aussehen und unheimlich detailliert sind. Dazu kommen noch die Spielplanteile aus dicker Pappe, zahlreiche Holz-Marker und viele Karten, die mit super Illustrationen überzeugen können.
Zwei sehr gut und verständlich geschriebene Anleitungen, eine für das Spiel und eine für den Automa, liegen dem Spiel bei.
Das Spielsystem
Das Spielsystem ist wirklich einfach und einmal mit den Regeln vertraut spielt sich das alles super flüssig. Auch der Aufbau ist schnell erledigt und es kann zeitnah mit dem Spiel begonnen werden.
Schauen wir uns ein paar Grundsätze des Spiels an. Links vom Player-Board werden die Handkarte ausgelegt und rechts befindet sich der aktive Bereich. Alles zusammen sind die Karten, die wir kontrollieren. Spielen wir nun eine Karte, wird diese von links nach rechts gelegt.
Mit Meteoriten-, Artefakt- und Auftragskarten gibt es lediglich drei unterschiedliche Kartenarten, die zu einem Nachziehstapel zusammengemischt werden. Werfen wir als erstes einen kurzen Blick auf die Anatomie der Karten bzw. auf die wichtigsten Attribute.
Links oben ist immer der Basiswert (List oder Stärke), den ihr beim Spielen der Karte erhaltet. Darunter befinden sich ggfs. noch Bedingungen, um zusätzliche Basispunkte auf der Leiste abtragen zu dürfen. Diese Bedingungen sind immer an eine Mindestanzahl an erzielten Erfolgen geknüpft. Unten befindet sich der Fähigkeitsbereich. Links ist ein Feld mit einem Arbeiter in einer bestimmten Farbe. Um die Fähigkeit zu aktivieren muss beim Spielen hier ein Arbeiter platziert werden. Oberhalb des Arbeiter-Symbols findet ihr manchmal noch einen sofortigen Vorteil.
Die Karten haben aber eine weitere wichtige Funktion, da ihr diese zur Erfüllung von Erfolgen benötigt und das Spielende eingeleitet wird, sobald ein Spieler seinen vierten Erfolg vorweisen kann.
Meteoriten könnt ihr verschmelzen, Artefakte ausrüsten und Aufträge erfüllen. Dies müsst ihr auch tun, da ihr dadurch Erfolge sammelt. Die Erfüllung von Aufträgen ist durch das Ausspielen eurer Charakterkarte möglich. Dieses System gefällt mir unheimlich gut. Um nämlich einen Auftrag zu erfüllen, müsst ihr am entsprechenden Ort stehen. Dies passt einfach immer vortrefflich und der Auftrag bezieht sich eben genau auf diesen Ort. Dann müsst ihr immer etwas abgeben, um eine Belohnung zu erhalten. Habt ihr einen Auftrag erledigt. Schiebt ihr ihn von oben unter euer Tableau. Auf das Ausrüsten und das Verschmelzen kommen wir im Rahmen der Aktionsdurchführung noch einmal zu sprechen.
Das Spielbrett, welches aus Ortsfeldern besteht, ist in drei Bereiche, Süden, Zentrum und Norden, aufgeteilt. Eure Expedition startet ihr aus dem Basislager und auf dem entsprechenden Board ist auch der Aufbau dargestellt. Lediglich die Orte im Süden sind sichtbar, wohingegen ihr die anderen Orte erst entdecken müsst. In den Zwischenräumen liegen immer 5 aufgedeckte Karten. Wenn sich irgendein Effekt auf ausliegende Karten bezieht, dann sind diese Karten damit gemeint.
Jeder Spieler muss sich zunächst für einen Mech und seine Startkarten (Charakter und Begleiter) entscheiden. Ob ihr dies zufällig macht oder sich jeder etwas aussucht, bleibt euch überlassen. Die Mechs unterscheiden sich in ihrer Grundfähigkeit. So darf man, zum Beispiel, mit dem Highlander Karten die man zieht direkt auf die Hand nehmen oder sich mit dem Sumpfläufer 4 anstelle von 3 Felder bewegen. Die Charaktere unterscheiden sich ebenfalls in ihrer Fähigkeit. So kann man, mit einem Charakter einen Auftrag nehmen oder mit einem anderen erhält man einen Arbeiter.
Grundsätzlich kann man mit jedem Charakter einen Auftrag erfüllen und ebenfalls ist noch ein Begleiter zugeordnet. Mit jedem Begleiter kann man Verderbnis von einem Ort beseitigen. Des Weiteren hat jeder Begleiter noch eine andere Alternativeigenschaft. Hier konnte ich keine Unterschiede in Bezug auf die Stärke feststellen. Diese ist ausgeglichen und so ist es dann wohl eher eine Frage des Geschmacks. Ich persönlich bevorzuge die Kombination Olga und Changa.
Werfen wir nun einen Blick auf das Aktionssystem welches so einfach, wie genial ist.
Mit „Bewegen“, „Spielen“ und „Sammeln“ stehen euch lediglich drei Aktionen zur Verfügung. Grundsätzlich könnt ihr immer die Aktionen alle machen, die ihr lesen könnt. Auf der dritten Aktion befindet sich euer Marker, den ihr immer hin- und herschiebt. In eurem Spielzug führt ihr also immer 2 der drei 3 Aktionen durch. Wir kommen später noch auf die Aktionen ein wenig genauer zu sprechen.
Expeditions ist ein Eguine-Builder. Das heißt, ihr versucht Karten zu bekommen und diese geschickt auszuspielen, um Effekte bestmöglich zu triggern. Natürlich müsst ihr diese Karten auch irgendwie zurückerhalten. Dafür gibt es noch die Aktionsmöglichkeit „Rasten“, die ein wenig besonders ist. Wollt ihr diese Aktion durchführen, verschiebt ihr euren Marker auf das entsprechende Feld. So erhaltet ihr dann eure Karten und die darauf eingesetzten Arbeiter zurück. Seid ihr dann das nächste Mal am Zug, verschiebt ihr den Marker nach links und es stehen euch jetzt alle drei oben genannten Aktionen zur Verfügung. Im Zug darauf dann, müsst ihr den Marker auf eine der drei Aktionen verschieben und könnt wieder „nur“ zwei Aktionen durchführen. Zu Spielbeginn steht euer Marker auf der Rasten-Aktion und somit startet ihr euer Spiel mit drei Aktionen.
Die Aktion „Bewegen“ ermöglich es euch, euren Mech um bis zu drei Feldern weiterzubewegen. Ihr dürft hierbei nicht mit einem anderen Mech auf einem Feld stehen bleiben und auch nicht bisher unentdeckte Orte überschreiten. Erreicht ihr bei eurer Bewegung einen unentdeckten Ort bleibt ihr stehen, nehmt den Marker und dreht die Karte um. Anschließend müsst ihr Verderbnis-Marker aus dem Beutel ziehen, bis ihr die entsprechend angegebene Anzahl erreicht oder überschreitet. Die rechte Aktionsmöglichkeit steht euch erst zur Verfügung, wenn ihr die Verderbnis beseitigt habt. Die Entfernung erfolgt über das Ausspielen von Karten und die Abgabe von List oder Stärke. Was ihr „bezahlen“ müsst ist von der Farbe des Markers abhängig. Nach dem Entfernen ist die entsprechende Aktion dann freigeschaltet.
Die Aktion „Spielen“ ermöglicht euch die Nutzung einer Karte, die ihr dann in den rechten Bereich legt. Ihr erhaltet den Basiswert und könnt noch die Fähigkeit aktivieren. Um die Fähigkeit zu aktivieren, müsst ihr einen Arbeiter der entsprechenden Farbe auf das Feld legen. So erhaltet ihr, zum Beispiel, neue Karten, Arbeit oder entfernt Verderbnis.
Mit der Aktion „Sammeln“, die dem der Aktion „Spielen“ natürlich Herzstück des Spiels ist, führt ihr die Ortsaktion aus. Wie oben dargelegt sind die Orte im Zentrum und im Norden zunächst verdeckt und müssen erkundet werden. Zwei Aktionsoptionen stehen euch auf den Karten zur Verfügung. Die rechte Aktionsmöglichkeit ist allerdings zunächst durch die angesprochenen Verderbnis-Marker verdeckt, die ihr entfernen müsst. Erst danach steht euch diese Aktion zur Verfügung.
So kommen dann auch die für euch elementaren Ortsaktionen „Verschmelzen“, „Ausrüsten“ und „Prahlen“ ins Spiel. Meteoriten könnt ihr nämlich Verschmelzen. Das heißt, dass ihr die entsprechende Karte dann von unten unter euer Bord schiebt, bis nur noch der der Verschmelzungsbonus sichtbar unten auf der Karte zu lesen ist. Sofort erhaltet ihr diesen Bonus und den Bonus aller bios dahin verschmolzenen Meteoriten. Die Aktion „Ausrüsten“ ermöglicht es euch, Artefakte anzulegen. Die entsprechende Karte wird von rechts unter das Tableau geschoben. Die auf der Karte ersichtliche Fähigkeit ist nun bis zum Spielende aktiv. Ihr dürft maximal 4 Aufträge erfüllen, 4 Meteoriten verschmelzen und 4 Artefakte ausrüsten.
Die Effekte und die Siegpunkte sind ein Faktor, warum ihr dies machen wollt. Doch es gibt noch einen weiteren Punkt. Ihr habt ja das Wort Erfolge schon einmal gelesen. Erfolge werden benötigt, um das Spielende einzuleiten. Dies geschieht nämlich dann, wenn einer der Spieler seinen vierten Stern platziert. Anschließend hat jeder Spieler noch einen letzten Zug zur Verfügung.
Um einen Stern platzieren zu können, müsst ihr die Aktion „Prahlen“ nutzen. Insgesamt gibt es mit 4 erfüllten Aufträgen, 4 verschmolzenen Meteoriten, 4 ausgerüsteten Artefakten, der Beseitigung der Verderbnis von Ort 20, dem Sammeln von 7 Verderbnis-Markern, dem Kontrollieren von 8 Karten und dem Besitzen von 7 Arbeitern oder 5 Landkarten-Markern (die Erfüllung einer der beiden Dingen ist ein Erfolg) 7 unterschiedliche Möglichkeiten, seine Sterne zu platzieren.
Nun erhält jeder Spieler noch Münzen. So ist jeder Stern eine bestimmte Anzahl an Münzen wert. Dieser Wert richtet sich nach der Anzahl an erfüllten Aufträgen. Es ist ratsam, mindestens 2, besser 3, Aufträge zu erfüllen. Dann erhält man noch den Münzwert für die ausgerüsteten Artefakte und 2 Münzen je Verderbnis-1Marker. Am Ende gewinnt der Spieler, der die meisten Münzen gesammelt hat.
Die optimale Spielerzahl
Konzipiert ist das Spiel für 1 bis 4 Spieler. Auf den Solo-Modus gehe ich im Anschluss gesondert ein.
Großer Vorteil an diesem Spiel ist es, dass der Spielspaß komplett unabhängig von der Teilnehmerzahl ist. Je mehr Spieler mitmischen, desto höher wird der Wettlauf-Charakter des Spiels.
Ca. 90 Minuten müsst ihr definitiv mit 2 Personen einplanen. Es kann aber auch länger dauern. Mit mehr Spielern steigt die Spieldauer dann auch gerne mal auf 3 Stunden an.
Der Solo-Modus ist erstklassig und macht mega Spaß.
Das absolute Vorteil hier ist es, dass dieser super einfach zu lernen und dann anschließend auch super einfach zu spielen ist.
Ihr habt die Wahl zwischen 5 unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden.
Der Spielzug des Automas ist in Sekundenschnelle abgehandelt. Ihr deckt eine Karte auf und führt dann die Aktionen des Mechs im Norden und des Mechs im Süden durch. Oftmals müsst ihr noch den Fortschritts-Marker um eine Position weiterschieben und Karten, die sich angrenzend am entsprechenden Mech befinden, austauschen. Die Verschiebung des Fortschritts-Markers gibt die Zeit an, die euch noch zur Verfügung steht, bis das Spielende durch den Autopma eingeleitet wird.
Entweder bewegt ihr die Mechs um eine bestimmte Anzahl an Feldern einfach weiter, ihr entdeckt eine neue Landschaft oder entfernt Verderbnis. Anschließend seid dann sofort ihr wieder am Zug.
Ca. 75 Minuten benötige ich alleine für einen Durchlauf.
Fazit
Heute muss ich einmal mit meinem Fazit ein wenig anders anfangen, denn mir persönlich hat das Spiel eine Menge Freude bereitet und tut es auch jetzt noch. Ich war nämlich über die dann doch recht vielen negativen Stimmen zu Expeditions sehr überrascht. Das ist auch der Hauptgrund, warum ich versuche recht wenig Meinungen über neue Spiele zu lesen, bevor ich diese selbst auf dem Tisch hatte. Auch wenn man es nämlich tunlichst vermeiden möchte behält man vorher gelesene Kritiken, positive wie auch negative, immer in Erinnerung. Ich glaube persönlich, dass viele hier ein Scythe 2.0 erwartet haben und das ist Expeditions halt einfach nicht. Es ist ein eigenständiges Spiel in der Welt von Scythe. Und ich glaube, dass es auch genau das sein möchte.
Zunächst einmal besticht das Spiel mit seiner erstklassigen Ausstattung. Die Mechs sind toll und die Spielplanteile überdimensional groß. Dazu kommen sehr einfache Regeln und auch der Aufbau ist schnell erledigt.
Expeditions ist ein klassischer Enguine-Builder. Durch geschicktes Nehmen und Ausspielen von Karten versuchen wir eine Enguine zu bilden, um Erfolge zu sammeln.
Das Spiel wird über den klasse Aktions-Auswahl-Mechanismus gesteuert, der uns zum Nachdenken zwingt, da eine Aktion ja immer blockiert ist. Auf der einen Seite können wir, wann immer wir wollen, zwar Rasten und haben anschließend dann einen Zug indem uns alle drei Möglichkeiten zur Verfügung stehen. Doch auf der anderen Seite wollen wir das gar nicht so oft, weil uns das ja einen ganzen Zug kostet. Ein Dilemma, welches uns das ganze Spiel begleiten wird.
So bewegen wir unseren Mech dann über das Spielfeld und versuchen Erfolge zu erzielen. Da wir „nur“ 4 Erfolge erspielen müssen, können wir immer eine etwas andere Strategie spielen und uns auf den gewünschten Erfolg konzentrieren. Wobei man dann aber doch sagen muss, dass das eigentliche Spiel dann immer recht ähnlich verläuft, egal welche Erfolge man erzielen möchte. Ehrlicherweise muss man demzufolge konstatieren, dass sich das Spiel dann im Endeffekt nicht wirklich anders anfühlt.
Insgesamt gefällt mir persönlich Expeditions sehr gut und erhält eine klare Empfehlung.
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