Kampf um den Räuberthron
Auf dem Tisch liegt „Räuber von Amarynth“ nebst Erweiterung. Es handelt sich hier um eine Neuheit des Schwerkraft Verlags, die es auf BerlinCon schon in einer kleinen Auflage zu kaufen gab. Das Spiel wird über den Schwerkraft Verlag auch in Kürze erhältlich sein. Ich habe mich dem Spiel ausgiebig gewidmet und möchte euch hier meine Eindrücke zu diesem Spiel schildern.
In diesem Spiel für 2 bis 5 Spieler versucht ihr der neue Räuberboss zu werden, da der alte Boss in Gewahrsam genommen wurde. Um dieses Ziel zu erreichen, müsst ihr das meiste Prestige unter den Räubern sammeln. Wird euch das Unterfangen gelingen?
Ein Blick in die Spieleschachtel
Die Schachtel an sich besticht mit einem tollen Artwork. Dieses setzt sich auf dem Spielbrett und den zahlreichen Karten weiter fort. Die Spielertableaus aus dickem Karton und eine sehr gut geschriebene Anleitung runden das Bild ab. Leichte Abzüge gibt es für die Schatztoken, die ebenfalls „nur“ aus Pappe sind. Das i-Tüpfelchen wären Holztoken gewesen. Insgesamt aber ein vollkommen gelungenes Gesamtbild.
Das Spielsystem
Der Aufbau des Spiels ist super schnell erledigt und auch die Regeln sind leicht zu erklären. Gespielt wird das Spiel lediglich über drei Runden. In diesen drei Runden hat nicht jeder Spieler zwanghaft die gleiche Anzahl an Aktionen. So lange einem Spieler noch Gefolgsleute zur Verfügung stehen oder er Aktionen mit Hilfe von Schätzen machen möchte, kann er dies tun, bis er schlussendlich alle gepasst haben und die Runde endet.
So erhält jeder Spieler zu Beginn ein
Spielertableau, drei Gefolgsleute, mit denen er seine Aktionen durchführen kann und eine Spielendkarte.
Das Spiel startet mit einem Karten-Drafting der Ortskarten. Die Ortskarten stellen einen zentralen Teil des Spiels dar, da über diesen, zumindest im Wesentlichen, die Schätze erbeutet werden. Vier Karten werden ausgeteilt und es wird so lange gedraftet, bis jeder Spieler drei Karten vor sich liegen hat. Im Spiel mit zwei Personen, wird die vierte Karte neben das Spielbrett gelegt und kann ebenfalls genutzt werden. Dieses System ist eine sehr gute Wahl, da das Glückselement des Ziehens ausgeschaltet wird und Taktik mit in das Spiel kommt. Je mehr Spieler teilnehmen desto besser funktioniert es natürlich, da man bei zwei Spielern noch gut spekulieren kann.
Hier müssen die Spieler genau überlegen. Jeder hat zu Beginn eine Spielendkarte erhalten. Auf dieser ist jeweils eine Ortskombination angegeben. Je mehr Paare einer Kombination der Spieler sammelt, desto mehr Punkte gibt es am Ende des Spiels noch. Und diese können das Zünglein an der Waage sein. Ich hatte kein Spiel, bei dem ein Spieler während des Spiels einen deutlichen Vorsprung erreicht hat, der nicht zum Ende des Spiels noch aufzuholen wäre. Es gilt also weise zu entscheiden, ob man nicht vielleicht doch die Karte mit dem passenden Symbol auswählen sollte, da die drei gewählten Karten zum Abschluss einer Runde nämlich in den eigenen Vorrat kommen und die Kombinationen zum Ende des Spiels dann gezählt werden.
Nun führen die Spieler nacheinander immer Aktion durch. So können Ortskarten besetzt werden, um dort Schätze zu stehen, es können Schätze gehehlt werden, es können Schätze an die Hexe geliefert werden, es können Aktionsplättchen genutzt werden, es können Schätze gegen Räuber getauscht werden oder umgekehrt Räuber gegen Schätze. Die Möglichkeiten sind mannigfaltig.
Zentrales Element der Punktegenerierung sind die Hehler. Von diesen liegen immer sechs Karten aus und alle wollen unterschiedliche Schätze von uns. Haben wir diese gesammelt können wir einen unserer Gefolgsleute dort einsetzen und dem Hehler die Schätze liefern, um die Siegpunkte zu erhalten. Hier wird der gleiche Kniff wie bei den Ortskarten verwendet und der bringt eine zusätzliche Überlegung mit sich. Jeder Hehler weist ein spezielles Symbol auf. Zum Rundenende wandern die bedienten Hehler ebenfalls in den persönlichen Kartenvorrat und zum Ende des Spiels gibt es noch Siegpunkte für die Mehrheit an Karten je Symbol. Auch Siegpunkte, die über Gewinn oder Niederlage beim Spiel entscheiden. Es empfiehlt sich daher auch mal den Hehler zu bedienen, der zwar weniger Sofortpunkte gibt aber ein benötigtes Symbol aufweist.
Ein schönes Taktikelement sind die
Aktionsplättchen, die zahlreiche Möglichkeiten liefern. In jeder Runde liegen drei Aktionsplättchen aus. Jedes kann allerdings nur einmal durch Abgabe eines Schatzes genutzt werden – also genau überlegen, wann ein Plättchen genutzt wird. Hier gibt es zum Beispiel Diebe aus dem Vorrat, es kann eine Ortskarte neue Ortskarte aufgedeckt werden oder es kann ein Dieb von einer Ortskarte auf eine andere versetzt werden. Hier gibt es vielfältige Möglichkeiten, da in jedem Spiel nur 9 Plättchen in das Spiel kommen.
Des Weiteren gibt es noch Aktionsmöglichkeiten, die auf dem Spielbrett durchgeführt werden.
Insgesamt ist das Spielsystem sehr einfach gehalten, bietet aber durch zahlreiche Varianzen einen angenehmen Taktikfaktor. Das Alter ist ab 10 Jahren angegeben. Dieser Einschätzung würde ich zustimmen und „Räuber von Amarynth“ in die Kategorie gehobenes Familienspiel einsortieren.
Die optimale Spieleranzahl
Mit einer Spieleranzahl von 2 bis 5 Spielern können viele Spielrunden bedient werden. Wenn das Spiel nur mit 2 Spielern gespielt wird, wird die Hälfte der Orts- und Hehlerkarten aussortiert und die nicht gewählte Karte der Spieler wird als neutrale Karte an das Spielbrett gelegt und kann als Aktion genutzt werden. Diese Karte wandert in keinen Spielerpool, der eingesetzte Gefolgsmann kommt nach Rundenabschluss in den allgemeinen Vorrat und es gibt auch keine Ortsbelohnung. Diese Änderungen sorgen dafür, dass das Spiel problemlos auch zu zweit gespielt werden kann. Meine gespielte Maximalbesetzung war zu viert. Vom reinen Spielgefühl kann ich nicht sagen, dass mir das Spiel mit vier Personen mehr Freude bereitet.
Die Erweiterung
Mit „Das Glück ist mit den Dieben“ bekommt „Die Räuber von Amarynth“ gleich eine Erweiterung serviert, die einige neue Komponenten ins Spiel bringt, die ich euch kurz vorstellen möchte.
Zunächst wären da die Festivalkarten, die als Ortsjoker fungieren und als Aktion einen Glückswürfel bescheren. Die Glückswürfel spielen in der Erweiterung eine große Rolle. Die 6 Seiten zeigen entweder einen der Schätze oder einen Dieb.
Des Weiteren kommen neue Ortskarten ins Spiel, die für Varianz sorgen. Mit dem Casinoschiff kommt eine neue Aktion ins Spiel, die auf dem Spielbrett durchgeführt wird. Hier kann man gegen Abgabe eines Diebes und eines Schatzes 2 Glückswürfel werfen und das Ergebnis eines Würfels für sich nutzen.
Richtig klasse finde ich die 7
Meisterdiebtalentkarten. Von diesen erhält jeder Spieler zu Spielbeginn eine und diese beschert ihm einen Dauereffekt für das komplette Spiel. Effekte sind zum Beispiel, dass die Karte quasi als Schatztruhe fungiert und man so 9 anstelle von 8 Schätzen lagern kann oder man kann nach der Aktion Schätze hehlen einen Siegpunkt abgeben, um eine Ressource zu erhalten oder man muss für das Anwerben eines Diebes nur 1 Ressource zahlen. Diese Karten sorgen für Abwechslung und auch dafür, dass man eine gewisse Strategie in sein Spiel einbauen kann.
Toll auch, dass die Box neue Aktionsplättchen enthält. Größte Neuerung sind die neuen Wertungsfiguren. Dadurch werden die alten Wertungsfiguren zu Leutnantfiguren. Von diesen erhält jeder Spieler eine Figur. Diese Figur hat den Vorteil, dass man bei Nutzung einer eigenen Ortskarte nun auch den Besitzerbonus erhält.
Die Erweiterung bringt einige neue Komponenten, die neuen Pep in das Spiel bringen. Neben den Glückskomponenten aufgrund der Glückswürfel sind es vor allem die Meisterdiebtalentkarten und die neuen Wertungsmarker, die das Spiel facettenreicher und taktischer machen.
Braucht man nun die Erweiterung? Wem „Räuber von Amarynth“ gefällt, der sollte auch zur Erweiterung greifen. Ich für meinen Teil spiele nicht mehr ohne die Erweiterung. Das Schöne ist ja auch, dass man nicht gezwungen ist, alle Komponenten in das Spiel zu bringen, sondern auswählen kann mit welchen man spielen möchte.
Und dann ist leider auch alles schnell vorbei…
Nach drei schlanken Spielrunden ist das Spiel dann auch zu Ende. Das Schöne an der Sache ist, dass die Anzahl der Spielzüge, die ein Spieler in einer Runde durchführt, komplett variabel ist. So weiß man nie genau, wann denn eine Runde endet. Meine Partien dauerten im Schnitt ca. 30 Minuten. Somit eignet sich dieses Spiel hervorragend für eine schnelle Runde zwischendurch oder als Absacker.
Fazit
„Die Räuber von Amarynth“ ist ein klasse Familienspiel, welches von der ersten Minute an Spaß macht. Die tollen Illustrationen, der Orts- sowie der Hehlerkarten und des Spielbretts erzeugen dabei eine sehr schöne Atmosphäre. Das Spiel spielt sich locker und flockig runter – man führt eine Aktion durch und schon ist der nächste Spieler am Zug. Downtime gibt es dadurch kaum. Auch wenn es sich um ein Familienspiel handelt, welches, mit etwas spiel-affinem Nachwuchs, gut auch ab ca. 10 Jahren gespielt werden kann, ist ein Taktikfaktor vorhanden und man muss seine Züge schon geschickt planen.
„Die Räuber von Amarynth“ ist ein Spiel, welches bei mir immer wieder auf dem Tisch landet und zum momentanen Zeitpunkt zu meinen persönlichen Favoriten in diesem Jahr gehört.
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